Wer anderen Menschen davon erzählt, alsbald einen Termin beim Proktologen wahrnehmen zu müssen, der muss in der Regel mit Beileidsbekundungen rechnen. Nein, diesem Facharzt stattet wohl niemand gerne einen Besuch ab. Dabei gehört der Proktologe zu einer der gefragtesten Fachdisziplinen. So ausgebucht die Praxen auch sind – wirklich sprechen möchte wohl niemand über den Besuch bei diesem Arzt. Warum die Untersuchung beim Proktologen halb so schlimm ist, und bei welchen Beschwerden der Spezialist prima weiterhelfen kann, steht hier.
Was genau ist ein Proktologe?
Dabei handelt es sich zunächst einmal um einen Allgemeinmediziner. Dieser hat sich in einem weiteren Schritt zum Facharzt ausbilden lassen. Üblich sind etwa die Disziplinen Chirurgie oder Gastroenterologie. Um nun die zusätzliche Bezeichnung „Proktologe“ oder „Proktologin“ tragen zu dürfen, ist eine weitere, mindestens 12 monatige Qualifizierung erforderlich. Am Ende dieser Maßnahme legt der Arzt eine umfangreiche Prüfung ab [1].
Ein Facharzt der Koloproktologie befasst sich anschließend schwerpunktmäßig mit dem Darm. Er konzentriert sich dabei hauptsächlich auf bestimmte Teile des Dickdarms, des Mastdarms sowie des Afters. Der Profi verfügt also über die Kompetenz, die allermeisten End- und Dickdarmleiden aufspüren und beheben zu können. Proktologen können entweder in Kliniken angestellt sein (dann beispielsweise in einem speziellen Beckenboden- oder Darmzentrum) oder als niedergelassene Ärzte praktizieren.
Wer muss zum Proktologen?
Immer dann, wenn es Beschwerden rund um den Darm- oder Analbereich gibt, ist der Proktologe der richtige Ansprechpartner. Dazu zählen beispielsweise Blutungen oder Juckreiz, eine plötzliche Knoten- oder Beulenbildung, Nässen, Schmerzen, Inkontinenz oder sonstige Abweichungen. Männer wie Frauen können gleichermaßen den Facharzt aufsuchen.
Bei welchen Symptomen sollte man zu einem Proktologen gehen?
- Anhaltende oder wiederkehrende Blutungen im Stuhl.
- Schleimabsonderungen im Analbereich
- Stuhlunregelmäßigkeiten wie Verstopfungen oder Durchfälle.
- Schmerzen rund um Damm, After, Darm.
- Anale Hautveränderungen wie Ausschlag, Juckreiz, Rötungen.
- Tastbare Veränderungen wie Beulen, Risse, Knoten, Schwellungen oder Hautfalten.
- Probleme damit, Stuhl und Darmgase halten zu können.
Was sind die häufigsten proktologischen Erkrankungen?
Statistisch gesehen leiden rund 25 Prozent der Deutschen unter Beschwerden im Analbereich. Dabei können die Probleme an Darm, After und Beckenboden ganz unterschiedlich ausfallen [2]. Das sind die häufigsten Erkrankungen, mit denen ein Proktologe im Praxisalltag zu tun hat:
- Diarrhoe: Starke oder immer wiederkehrende Durchfälle können durch einen Darminfekt, Allergien oder Verwachsungen ausgelöst werden. Eine Abklärung ist notwendig.
- Vergrößerte Hämorrhoiden: Die Knoten im Analbereich gehören zu den häufigsten Gründen, weshalb Menschen einen Darmspezialisten aufsuchen. In der Regel ist eine konservative Therapie sinnvoll – Operationen sind zum Glück sehr selten notwendig [3].
- Verstopfungen: Über Obstipationen klagen viele Menschen. Um abzuklären, welche Ursache hinter dem Phänomen steckt und ob womöglich Folgeerkrankungen zu erwarten sind, ist der Proktologe der richtige Ansprechpartner.
- Stuhlinkontinenz: Was auch immer hinter der Schließmuskelschwäche steckt – das Problem muss behandelt werden. Je früher die richtige Diagnose erfolgt, desto unbeeinträchtigter ist die Lebensqualität.
- Perianalthrombose: Eine Analthrombose wird häufig mit vorgefallenen Hämorrhoiden verwechselt. Meist kann der Arzt den Thrombus am Afterrand öffnen und somit unmittelbar die Heilung einleiten.
- Analfissur (Afterriss): Das Einreißen der innenliegenden Schleimhäute ist äußerst schmerzhaft. Nur ein Arzt kann entscheiden, ob die Fissur mit Salben behandelt werden kann oder ob eine Operation notwendig ist.
- Darmpolypen: Polypen sind meist harmlose Hautwucherungen im Inneren des Darms. Weil sie im Laufe der Jahre aber in Krebs umschlagen können, werden sie routinemäßig entfernt.
- Analekzeme: Wenn es rund um den After juckt und brennt, steckt in vielen Fällen ein Ekzem dahinter. Ob eine Allergie, Fistel, Hämorrhoide oder Schuppenflechte ursächlich ist, kann der Facharzt mit einem Abstrich klären.
- Analabszesse: Die unmittelbar hinter dem After angesiedelten Drüsen können sich immer mal entzünden. Wird der Abszess nicht ärztlich behandelt, könnte sich die Vereiterung ausbreiten. Die Folge: eine Analfistel.
- Analfisteln: Bilden sich mit Eiter gefüllte Gänge unter der Haut, die womöglich nach außen führen, ist dies mit Schmerzen und Fehlfunktionen des Analtrakts verbunden. Fisteln müssen meist chirurgisch geöffnet und penibel neu vernäht werden.
- Darmkrebs: Das Kolon- oder Rektumkarzinom entwickelt sich meist aus harmlosen Krebsvorstufen (beispielsweise Polypen). Krankmachende Veränderungen im Darminneren spürt der Proktologe zuverlässig während einer Koloskopie auf.
- Marisken: Die kleinen Hautwulste sind zwar harmlos, können in manchen Fällen aber die Intimhygiene beeinträchtigen. Verursachen sie keine Beschwerden, müssen Marisken auch nicht behandelt werden.
- Rektumprolaps: Betroffenen fällt es nicht immer auf, wenn sich beim Stuhlgang große Teile des Afters nach außen wölben. Wer lange mit Hämorrhoiden zu tun hatte, könnte die Anzeichen leicht übersehen oder falsch interpretieren. Der Mastdarmvorfall kann unbehandelt zur Inkontinenz führen und muss dringend behandelt werden.
- Feigwarzen: Die kleinen Knötchen lassen sich leicht ertasten. Es handelt sich dabei nicht um Hämorrhoiden, sondern um Gewebewucherungen. Ausgelöst wird die Erkrankung durch bestimmte Viren. Meist muss der Partner mit behandelt werden.
- Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT): Die Untersuchungen bieten präzise Querschnittsbilder und können krankhafte Veränderungen nahezu plastisch darstellen.
- Defäkogramm: Zeichnet mittels Kontrastmittel den Entleerungsvorgang des Darms auf.
- Sphinktermanometrie: Dabei wird die Kraft des Schließmuskels festgestellt.
- Die Versichertenkarte.
- Untersuchungs- bzw. Behandlungsbericht des Hausarztes.
- Röntgenbilder und Allergiepass.
- Schriftliche Aufzeichnung aller eingenommenen Medikamente.
Wie läuft die Untersuchung beim Proktologen ab?
In einer ausführlichen Anamnese erfährt der Arzt zunächst die Krankheitsgeschichte des Patienten. Im Gespräch hat der Betroffene Zeit, von aktuellen Problemen, möglichen Vorerkrankungen oder vorangegangenen Untersuchungen zu berichten [4]. Danach bittet der Arzt den Patienten, sich unten herum zu entkleiden. Der Betroffene legt sich in seitlicher Position auf eine Untersuchungsliege und zieht die Beine an. Bei der nun folgenden optischen Inspektion begutachtet der Proktologe die äußere Beschaffenheit von Damm, After und Gesäß.
Um Hämorrhoiden 2. oder 3. Grades diagnostizieren zu können, wird der Patient aufgefordert, kurz zu pressen (so wie während des Stuhlgangs). Meist zeigen sich die verrutschten Gefäßpolster sodann. In vielen Fällen ist eine weitere Untersuchung dann nicht mehr nötig. Anderenfalls beginnt danach die vorsichtige Tastuntersuchung (Palpation) von After und Darmende. Dazu führt der Arzt einen Finger in das Rektum des Patienten ein. Ein betäubendes Gleitgel erleichtert den Eingriff.
Meist erfolgt nach der Tastuntersuchung die Proktoskopie (Enddarmspiegelung oder Afterspiegelung). Das geschieht entweder weiterhin in der Seitenlage, oder der Patient stützt sich im Vierfüßlerstand auf Knien und Ellenbogen ab. Das kurze, starre Rohr gibt Einblick in den Analkanal. Die Untersuchung gibt zuverlässig Aufschluss über den Zustand der Hämorrhoiden. Wenn nötig, lassen sich auf diese Weise kleine Gewebeproben entnehmen [5].
Als weiterführende Untersuchung könnte sodann eine Rektoskopie anberaumt werden. Bei der Mastdarmspiegelung werden Polypen oder bösartige Veränderungen sicher aufgespürt. Um das Areal besser zugänglich zu machen, könnte vorab ein Darmeinlauf vorgenommen werden. Liegen die Probleme tiefer im Darm versteckt, wäre im Anschluss eine Koloskopie sinnvoll. Weil vorab eine Darmreinigung vollzogen werden muss, wird diese Untersuchung meist bei einem Folgetermin durchgeführt.
Bei der klassischen Darmspiegelung wird das Organ großräumig untersucht. Dazu wird ein biegsamer Schlauch, ausgestattet mit einer Kamera, rektal in den Patienten eingeschoben. Auch hier ist es möglich, etwaige Zellveränderungen mittels Biopsie sofort an Ort und Stelle zu entnehmen. Zu den häufigen Untersuchungen beim Proktologen gehört ferner die Endosonographie. Bei der Ultraschalluntersuchung können Damm, After, Enddarmbereich und der gesamte Beckenboden tiefgreifend durchleuchtet werden.
Laboruntersuchungen
Handelt es sich um ein äußerliches Problem im Bereich der Analfalte, könnte der Proktologe im Weiteren einen Abstrich der Hautoberfläche nehmen. Damit lässt sich beispielsweise ein Pilzbefall des Afters eindeutig bestimmen. Die mykologische, mikrobielle und virale Diagnostik wird in einem Labor vorgenommen. Ins Labor wird auch die vom Patienten mitgebrachte Stuhlprobe eingereicht. Hier wird festgestellt, ob es sich um oberflächliches Blut, okkultes Blut oder einen sogenannten Teerstuhl handelt.
Weiterführende Untersuchungen:
Wie bereitet man sich auf den Besuch beim Proktologen vor?
Für die Erstuntersuchung ist meist keine besondere Vorbereitung nötig. Es ist sinnvoll, sich gründlich zuhause zu reinigen und frische Wäsche anzulegen [6]. Steht eine Rektoskopie oder Koloskopie an, wird vorab ein gründlicher Darmeinlauf empfohlen. Darauf wird der Patient dann aber bereits bei der Terminvereinbarung hingewiesen. Der Einlauf wird zuhause in Eigenregie am Tag der Untersuchung durchgeführt. Die meisten Ärzte bieten aber auch die Möglichkeit an, die reinigende Darmspülung noch in der Praxis durchzuführen.
Diese Unterlagen bitte zum Termin mitbringen (wenn vorhanden):
Angst vor dem Proktologen – was tun?
Sehr viele Menschen fürchten sich vor dem ersten Besuch und schieben den Termin möglichst lange auf. Doch das kann zu weiterführenden Problemen und ernsthaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Besser ist es, das Unbehagen zu überwinden und sich gründlich untersuchen zu lassen. Wenn die Angst zu groß ist, bieten viele Praxen die Alternativlösung an, eine notwendige Untersuchung im Dämmerschlaf durchzuführen. In Absprache mit dem Arzt könnte ansonsten ein angstlösendes Medikament vor dem Check-up eingenommen werden. Ein solches Vorhaben muss aber unbedingt vorab mit dem Behandler abgesprochen werden.
Quellen
[1] Berufsverband Niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands e.V., Wie kann ein Gastroenterologe noch Proktologe werden?, Dr. Holger Böhm
magendarm-zentrum.de
[2]Klinik Hallerwiese, Nürnberg, Proktologische Erkrankungen, Prof. Dr. med. Klaus Günther – klinik-hallerwiese.de
[3] Berufsverband der Coloproktologen Deutschlands e.V., Krankheitsbilder der Proktologie – https://www.coloproktologen.de/informationen-proktologie/kolo-proktologische-erkrankungen.html
[4] Proktologie – Teil 1: Diagnostik, D. Wilhelm, L. Calavrezos, Chirurgische Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München – https://www.endoscopy-campus.com/literatur/proktologie-teil-1-diagnostik/
[5] Enddarmspiegelung (Proktoskopie), DocMedicus Verlag GmbH & Co., KG – http://www.gesundheits-lexikon.com/Medizingeraetediagnostik/Spiegelung-Endoskopie/Enddarmspiegelung-Proktoskopie-.html/
[6] Colo-Proktologische Praxis, Was Sie vor dem ersten Termin bei uns tun müssen? Rein gar nichts. Kommen Sie völlig „unvorbereitet“. – http://coloproktologie-zentrum.de/index.php/ihr-erster-besuch.html
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