Ob bei Hämorrhoiden, gegen Haarausfall oder zur Auffrischung einer Grippeimpfung – die meisten Menschen suchen bei medizinischen Problemen zunächst einmal ihren Hausarzt auf. Und das ist sinnvoll. Der Fachmann kennt nämlich nicht nur seine Patienten, sondern auch die allermeisten Krankheiten. Mit welchen Beschwerden Sie in der Praxis vorstellig werden können und wie Sie einen guten Allgemeinmediziner finden, erfahren Sie hier.
Was für ein Arzt ist ein Allgemeinmediziner?
Bei einem Allgemeinmediziner handelt es sich um einen sogenannten „Facharzt der Allgemeinmedizin“, auch praktischer Arzt genannt. Er betreibt in der Regel eine eigene Hausarztpraxis. Diese kann er alleine, oder mit weiteren Ärzten zusammen als Gemeinschaftspraxis führen. Der Allgemeinmediziner gilt als erster Ansprechpartner bei medizinischen Problemen.
Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um ein körperliches oder psychisches Leiden handelt. Dieser Arzt ist prinzipiell auf alle Arten von Beschwerden eingerichtet. Er untersucht, diagnostiziert, berät und therapiert in Eigenregie. Ist eine tiefergehende Behandlung erforderlich, überweist er den Patienten zu einem entsprechenden Facharzt.
Was macht der Allgemeinmediziner konkret?
Der Arzt sorgt für die medizinische Grundversorgung des Menschen. Dank seiner breiten Ausbildung ist er in der Lage, die Gesundheit seiner Patienten ganzheitlich beurteilen zu können. Hält er es für notwendig, leitet er eine Therapie ein.
Die Arbeitsbereiche des Allgemeinmediziners: [1]
- Akutversorgung im konkreten Krankheitsfall.
- Langzeitversorgung von chronisch Kranken.
- Vorsorge zur Prävention von Krankheiten.
- Rehabilitation zur langfristigen Nachsorge erkrankter Menschen.
Der Berufsalltag eines Allgemeinmediziners ist sehr vielfältig. Er hilft bei HNO-Beschwerden, verordnet die richtige Kompression bei benötigten Bandagen, entfernt Feigwarzen und kümmert sich um die Nachversorgung von frisch operierten Menschen. Weil der Allgemeinmediziner mit Fachärzten wie Urologen, Internisten, Orthopäden, Hautärzten oder Psychiatern kooperiert, kann er sich im Idealfall allumfassend um seine Patienten kümmern. [2]
Bei welchen Beschwerden kann der Allgemeinmediziner weiterhelfen?
Prinzipiell kann man bei ihm mit allen Erkrankungen vorstellig werden. Ob zur Blutabnahme, bei einer Virusinfektion oder zum Wechsel von Bandagen – der Arzt hilft in vielen Fällen weiter. [3]
Übersicht der typischen Behandlungsfelder eines Allgemeinmediziners
Zivilisationskrankheiten: Sie machen einen großen Teil der Arztbesuche aus. Dazu zählen etwa Herz- und Kreislaufbeschwerden, Diabetes, Gicht oder Allergien.
Infektionskrankheiten: Viele Menschen suchen einen Allgemeinmediziner auf, wenn sie unter Bakterien, Pilzen oder Viren leiden. Zu den typischen Symptomen gehören Durchfall, Erbrechen, Fieber, Husten oder Ausschläge.
Kinderkrankheiten: Ob Mumps, Röteln oder Windpocken – die klassischen Erkrankungen von Babys und Kleinkindern können von einem Allgemeinmediziner oder einem Kinderarzt prima behandelt werden. [4]
Autoimmunkrankheiten: Bei Schuppenflechte, Erkrankungen des rheumatischen Formkreises oder Schilddrüsenproblemen kann der Allgemeinmediziner meist eine erste Diagnose stellen.
Verletzungen: Ob bei einer Hautaufschürfung, bei Schnittverletzungen oder einer Analfissur – wenn kleinere Läsionen vorliegen, hilft dieser Arzt weiter.
Psychische Leiden: Weil der Hausarzt seine Patienten kennt, kann er seelische Störungen wie etwa Depressionen, Schlafstörungen oder Ängste oft gut erkennen.
Was behandelt der Allgemeinmediziner NICHT?
Das System ist so angelegt, dass der Patient sich prinzipiell zunächst bei seinem Hausarzt vorstellen sollte. Dieser entscheidet dann, ob er die Behandlung selbst durchführt oder an einen Facharzt überweist. Zu den typischen Krankheitsfeldern, die eine Weiterüberweisung nötig machen, gehören etwa anale Beschwerden wie Hämorrhoiden, Blut im Stuhl oder Kontinenz-Probleme. Auch bei gynäkologischen Erkrankungen, internistischen, kardiologischen oder neurologischen Symptomen erhält der Patient rasch eine Überweisung.
Woran erkennt man einen guten Allgemeinmediziner?
Grundsätzlich darf man davon ausgehen, dass alle zugelassenen Ärzte eine vergleichbare Ausbildung und Qualifikation besitzen. Anders ist es nämlich nicht möglich, in Deutschland eine Praxis zu betreiben. Insofern unterscheiden sich gute und schlechte Allgemeinmediziner nicht primär in ihren medizinischen Fähigkeiten, sondern vielmehr in ihrem Wahrnehmungsvermögen. Schließlich kommt es auf das persönliche Geschick des einzelnen Arztes an, eine Krankheit aufspüren und diagnostizieren zu können.
Daran erkennen Sie einen guten Allgemeinmediziner: [5]
- Die Wartezeit auf einen Termin ist zumutbar.
- Die Arztpraxis wirkt aufgeräumt, sauber und effizient organisiert.
- Das Praxisteam ist im Gespräch zugängig und lösungsorientiert.
- Die Termine werden einzeln vergeben und der Aufenthalt im Wartezimmer hält sich in Grenzen.
- Der Arzt nimmt sich im Termin genügend Zeit für eine gründliche Anamnese. Er lässt den Patienten ausreden und fragt nach.
- Die Untersuchung läuft würdevoll und kompetent ab.
- Der Arzt benutzt verständliche und nachvollziehbare Worte.
- Eine Weiterüberweisung zum Facharzt (Proktologe, Kardiologe, Rheumatologe, usw.) ist ohne Debatte möglich.
- Der Arzt nimmt regelmäßig an einer Weiterbildung teil. Das können alle Unterabteilungen des Gesundheitswesens, aber ebenso gut Fachrichtungen wie Homöopathie oder Akupunktur sein.
Welche Untersuchungen macht der Allgemeinmediziner?
Im persönlichen Gespräch teilt der Patient zunächst seine Beschwerden mit. Nach dieser Anamnese beginnt die Untersuchung.
Standardisierte Vorgehensweise:
- Inspektion: Der Allgemeinmediziner betrachtet die generelle Konstitution des Patienten.
- Palpation: Bei der haptischen Untersuchung wird der Körper abgetastet. Insbesondere die Organe werden befühlt. [6]
- Perkussion: Rücken und Bauchraum werden abgeklopft. Der dumpfe Klang gibt Aufschluss über den Zustand.
- Auskultation: Mit einem Stethoskop werden die Gefäße sowie die Organe abgehört.
Je nach Bedarf folgen weitere Messungen: [7]
- Blutdruckmessung
- Elektrokardiogramm
- Belastungs-EKG
- Ultraschalluntersuchungen (von Schilddrüse, Bauchraum, Urogenitalbereich)
- Doppler-Sonographie
- Proktoskopie
- Ermittlung der Laborwerte von Blut und Harn
- Hämoccult-Test
- Röntgenbilder
- Screenings
Gut zu wissen: Medizinisch notwendige Untersuchungen werden von den gesetzlichen Kassen bezahlt. In der Regel muss sich der Patient um nichts weiter kümmern. Nur bei Privatversicherten erfolgt die Abrechnung mit dem Erkrankten direkt. Dieser reicht die Rechnungen anschließend bei seiner Kasse ein und lässt sich die Kosten erstatten.
Sonderleistungen, die privat gezahlt werden müssen
Der Allgemeinmediziner bietet nicht nur sog. Kassenleistungen an, sondern offeriert seinen Kunden zudem spezifische Untersuchungen. Diese sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen (kurz IGeL) sind facettenreich. Sie betreffen etwa internistische, dermatologische oder proktologische Untersuchungen.
Tipp: Solche zusätzlichen Kontrollen und Vorsorgemaßnahmen sind umstritten. Wenn Ihr Arzt Ihnen einen derartigen Check vorschlägt, fragen Sie vorab nach dem Preis. Halten Sie mit Ihrer Krankenkasse Rücksprache, ob die Untersuchung nützlich ist. [8]
Kann mein Allgemeinmediziner mich krankschreiben?
Grundsätzlich dürfen nur niedergelassene Ärzte mit Kassenzulassung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) ausstellen. Um diese zu erhalten, muss man in der Praxis vorstellig werden. Eine telefonische Anforderung ist nicht möglich.
Wann schreibt der Arzt mich krank?
Immer dann, wenn der Beruf durch eine Krankheit nicht ausgeführt werden kann, erfolgt die unmittelbare Krankschreibung. Der Patient muss also konkret arbeitsunfähig sein. Viele Allgemeinmediziner drücken aber auch mal ein Auge zu und stellen den gelben Schein etwas großzügiger aus. [9]
Wann bekomme ich KEIN Attest?
Es gibt verschiedene Fälle, in denen keine AU-Bescheinigung ausgestellt werden darf. Dazu zählen:
- Wenn das Kind erkrankt ist und ein Elternteil für die Versorgung zuhause bleiben möchte.
- Wenn der Patient für diagnostische Leistungen (z.B. Blutabnahme) in die Praxis kommen muss.
- Für Termine zur medizinischen Rehabilitation (etwa bei gesonderten Sitzungen bei Physiotherapeuten, Orthopäden, Logopäden, Ernährungsberatern, usw.).
- Für kosmetische Eingriffe, die medizinisch nicht notwendig sind.
Darf man auch direkt zum Facharzt?
Privatversicherte können, je nach Tarif, sofort einen Spezialisten aufsuchen. Die meisten sind jedoch durch ein Bonussystem an einen bestimmten Allgemeinmediziner gebunden.
Kassenpatienten müssen sich zunächst immer an den Hausarzt ihrer Wahl wenden. Dieser erteilt im nächsten Schritt eine Überweisung zum Facharzt.
Gibt es Ausnahmen?
Bei gewissen Beeinträchtigungen oder zur Wahrnehmung von Vorsorgeuntersuchungen können Patienten unmittelbar einen Termin mit einer Facharztpraxis vereinbaren. Zu diesen Ärzten gehören Frauenärzte, Augenärzte, Zahnärzte sowie Kinderärzte.
Merke: Bei einem Notfall darf man direkt eine Facharztpraxis oder die Notaufnahme aufsuchen. In der Ambulanz muss jedoch mit längeren Wartezeiten gerechnet werden.
Darf man ohne Termin zum Hausarzt?
Die allermeisten Allgemeinmediziner pochen darauf, eine sog. Terminsprechstunde durchzuführen. Um den Arzt sprechen zu können, muss vorab also ein Termin vereinbart werden. Auf den wartet man einige Tage oder Wochen. Eine offene Sprechstunde, in der jeder ohne Termin vorbeikommen kann, findet meist nur einmal in der Woche für wenige Stunden statt. Das Wartezimmer ist dann oft überfüllt.
Im dringenden Krankheitsfall
Was aber passiert, wenn man unvermittelt erkrankt ist und sofort Hilfe braucht? Dann bleibt dem Patienten nichts anderes übrig, als höflich um einen kurzfristigen Termin zu bitten. Hilft das nichts, darf man auf eine alternative Praxis ausweichen. Notfalls könnte das nächstgelegene Krankenhaus aufgesucht werden.
Tipp: Neue Medien nutzen! Seit 2017 ist es zudem möglich, eine Video-Sprechstunde zu vereinbaren. Der Service kann von allen Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen wahrgenommen werden. Per Video-Chat sind nicht nur Allgemeinmediziner, sondern auch diverse Fachärzte erreichbar. Informationen zum Ablauf erteilen die jeweiligen Krankenkassen. [10]
Wie wird man eigentlich Allgemeinmediziner?
Dem Beruf geht ein rund sechs Jahre dauerndes Studium voraus. Dabei durchläuft der angehende Arzt alle Gebiete der Medizin. Es gibt theoretische und praktische Abschnitte. Im ersten Teil der Ausbildung wird die stationäre und internistische Versorgung vermittelt. Danach folgt der klinische Teil. Nun treten die Medizinstudenten erstmalig mit Patienten in Kontakt. Im Verlauf der Ausbildung können kleinere Behandlungen selbst ausgeführt werden. Im letzten Teil des Studiums spezialisiert sich der Student dann auf eine Fachrichtung und macht seinen Facharzt. Abgeschlossen wird das Studium durch ein praktisches Jahr und eine bestandene Dissertation (Doktorarbeit). [11]
Die durchschnittliche Studienzeit beträgt derzeit knapp 13 Semester. In dieser Zeit werden immer wieder Prüfungen abgelegt. Danach sollten vollumfängliche medizinische Kenntnisse vorliegen. Der Arzt erhält seine Approbation und darf praktizieren.
Karriereweg des Allgemeinmediziners auf einen Blick:
- Medizinstudium mit einer Dauer von rund sechs Jahren.
- Anschl.: Stelle als Assistenzarzt.
- Weitere Ausbildung zum Facharzt (z.B. als Allgemeinmediziner).
- Eröffnung einer Praxis als niedergelassener Arzt.
- Oder: Angestellter Arzt in einem Krankenhaus.
- Leitender Oberarzt in einer Klinik.
- Ernennung zum Chefarzt eines Krankenhauses oder Klinikverbundes.
Quellen:
[1] https://www.praktischarzt.de/blog/facharztausbildung-allgemeinmedizin/
[2] https://www.zeit.de/zeit-wissen/2017/06/krankheiten-arztbesuch-medizin-koerper-heilung
[3] http://www.deutsche-medizinerauskunft.de/index.php?id=605
[4] https://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/berufspolitik/article/502340/hausarzt-kinderarzt-darf-welche-patienten-behandeln.html
[5] https://www.patienten-information.de/checklisten/arztcheckliste
[6] https://www.apotheken-umschau.de/koerperliche-Untersuchung
[7] https://www.allgemeinarzt-online.de/archiv/a/1731179
[8] https://www.igel-monitor.de/
[9] https://www.tagesspiegel.de/wissen/missbrauch-durch-arzt-und-patient-krankmeldung-ohne-krankheit-verspottet-die-wirklich-kranken/19410646.html
[10] https://gkv-spitzenverband.de/gkv_spitzenverband/presse/meldungen/einzelne_meldungen/2017_1/videosprechstunde.jsp
[11] https://www.praktischarzt.de/blog/medizinstudium-dauer/
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