Waren die Kinder im vergangenen Jahr brav, bekommen sie am 6. Dezemberg tolle Geschenke und haben einen Grund, sich auf den Nikolaus zu freuen. Weniger brave Kinder jedoch fürchten den finsteren Gesellen, der stets im Schlepptau des Nikolaus mit unterwegs ist: Knecht Ruprecht. Je nach Region ist Knecht Ruprecht auch bekannt unter den Namen Krampus, Hans Trapp, Beelzebub, Rubbelz oder als der Zwarte Piet – der schwarze Piet. Den meisten Menschen ist Knecht Ruprecht zumindest ganz grob im Gedächtnis, auch wenn sie nicht viel über den Ursprung der ganzen Geschichte wissen. Wo kommt der böse Helfer her und was für Geschichten kursieren über ihn?
Wer war Knecht Ruprecht und welche Überlieferungen gibt es über ihn?
Alle bekannten Überlieferungen, egal, wie man Knecht Ruprecht nun nennt, haben gemeinsam, dass der Nikolaus den braven Kindern etwas Gutes schenkt und Knecht Ruprecht den unartigen Kindern eine Strafe zukommen lässt. Beide Charaktere sind des jeweils Anderen Gegensatz, doch sie reisen zusammen und treten stets gemeinsam auf. Der Sprach- und Litaraturwissenschaftler Jacob Ludwig Karl Grimm führte den Namen Knecht Ruprechts (ein Name, der sich erst sehr spät im deutschen Sprachgebrauch etablierte, zuvor gab es viele verschiedene regionale Namen) auf das althochdeutsche Wort „hruodperaht“ zurück.
Das bedeutet soviel wie „Ruhmglänzender“. Gemeint war damit eine Person, die dem germanischen Gott Wotan nah ist, also im Ruhm der Götter glänzt. Seine andere Vermutung ist, dass Knecht Ruprecht der Diener von der Sagengestalt Frau Holle gewesen ist. Der Name kann sich möglicherweise auch auf das Wort „rûhperht“ beziehen, was „Rauhe Percht“ bedeutet. Gemeint ist hiermit der Bezug auf die winterlichen Gestalten, die in den Rauhnächten (der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr) umherziehen. Es ist anzumerken, dass die Thesen von Jacob Grimm über Knecht Ruprecht tatsächlich niemals bestätigt werden konnten.
Knecht Ruprecht kann auch dadurch entstanden sein, dass im 17. Jahrhundert immer mehr Schreckfiguren in die Mode kamen, die Eltern dazu benutzt haben, um ihren Kindern Angst zu machen. Das sollte zur Frömmigkeit mahnen und eine Warnung sein, dass „schlechtes Benehmen“ negative Konsequenzen haben kann. Frei nach dem Motto: „Sei bloß brav, sonst kommt Knecht Ruprecht und steckt dich in einen Sack!“ oder „Wenn du nicht artig bist, kommt Knecht Ruprecht mit der Rute!“ Je nach Region und Erzählung, drohte den frechen Kindern dies oder aber weit Schlimmeres.
Erwähnenswert ist außerdem die Vermutung, dass die Legende von Knecht Ruprecht aus einem Priester entstanden ist, der tatsächlich um das Jahr 1020 in Sachsen Anhalt gelebt haben soll. Er verfluchte am Weihnachtsabend eine Gruppe tanzender Jugendlicher.
Welche weiteren regionalen Namen und Überlieferungen gibt es?
Jede Region Deutschlands, Österreichs und der Schweiz hat andere Namen und abweichende Geschichten zu Knecht Ruprecht. Hier sind die bekanntesten:
Krampus
Der Krampus wird auch Kramperl oder Bartl genannt. Seine Legende ist im östlichen Alpenraum sehr verbreitet, vor allem in Südbayern, der Oberpfalz und Österreich, aber auch in anliegenden Ländern und Gebieten wie Süd- und Welschtirol, Liechtenstein, Kroatien, Ungarn, Slowenien, der Slowakei, Tschechien und Teilen Norditaliens. Er stammt noch aus vorchristlicher Zeit. Der Name „Krampus“ leitet sich vom mittelhochdeutschen Wort „Krampen“ ab, was „Kralle“ bedeutet.
Eventuell kommt er auch von dem bayrischen Ausdruck Krampn, etwas „Vertrocknetes, Verdorrtes, Lebloses“. Es passt zum Erscheinungsbild. Die Gestalt hat sehr wüst ausgesehen: Mit einem Mantel aus Schaf- oder Ziegenfell, einer Holzmaske mit Ziegen-, Widder- oder Steinbockhörnern, einen mit Glocken versehenen Gürtel und einen Rossschweif oder wahlweise Kuhschwanz. Bei sich hatte der Krampus eine Weidenrute.
In vorchristlicher Zeit war er ein Percht, der in den Rauhnächten kurz vor Neujahr durch die Gegend zog. Der alte Perchtenbrauch hat sich trotz des Dämpfers durch die Christianisierung und die Inquisition im 18. Jahrhunders bis heute an vielen Orten gehalten. Hierbei ziehen junge Männer in unheimlicher, krampusartiger Verkleidung durch die Ortschaften, um böse Geister zu vertreiben. Das Ganze ist immer mit einer Menge Lärm und Geschrei verbunden.
Hans Trapp
Hans Trapp oder auch Hans Trott ist im Elsass und im Osten Frankreichs beheimatet. Seine Geschichte geht auf den Ritter Hans von Trota zurück, der Mitte bis Ende des 15. Jahrhunderts gelebt haben soll. Geboren wurde er in Krosigk, im heutigen Sachsen-Anhalt. Er heiratete in ein elsässisches Adelshaus ein. Berühmt wurde Hans von Trota durch den Kleinkrieg, den er mit dem Benediktinerkloster Weißenburg geführt hatte. Stein des Anstoßes war, dass von Trota seine Ländereien immer weiter ausbaute und auch vor dem Grund des Klosters nicht Halt machte.
Als Gespräche und eine Information an den dortigen Kurfürsten zu nichts führten, wandte sich der Abt des Klosters schließlich an den Papst. Dieser verstieß Hans von Trota aus der Kirche. Bis heute ist Hans Trapp als gieriger, unchristlicher Mann verschrien, über den jahrhundertelang wüste und unglaubliche Geschichten erfunden wurden. Irgendwann begann man sich zu erzählen, dass Hans Trapp zur Strafe für seine Gier den Nikolaus begleiten muss und unartige Kinder in einen Sack steckt. Dabei ist er ganz in Schwarz gekleidet und macht den Kindern kettenrasselnd und unheimliche Geräusche machend große Angst.
Beelzebub
Der Beelzebub ist in vielen Gegenden einfach ein anderer Name für Knecht Ruprecht. Er teilt mehrere Interpretationen seiner Geschichte. Der Name an sich leitet sich von dem Dämon „Baal Zebub“ oder „Beelzebul“ ab, der in der Bibel erwähnt wurde. Er gilt als Herr der Fliegen.
Im Mittelalter wurde der Name Beelzebub zu einem Synonym für den Teufel. Dieser stiftet natürlich eine Menge Unfrieden und wurde entsprechend im 17. Jahrhundert zu einer der Schreckgestalten, die den Nikolaus begleiten und unartige Kinder bestrafen. Ein Name, der in diesem Zusammenhang erwähnenswert ist, ist „Rubbelz“. Er ist eine Mischung aus „Knecht Ruprecht“ und Beelzebub und vor allem umgangssprachlich benutzt.
Der Zwarte Piet
Dieser Geselle ist in den Niederlanden, Flandern und in Norddeutschland an der niederländisch/deutschen Grenzen berühmt, vor allem, da Nikolaus oder „Sinterklaas“ in den Niederlanden stärker gefeiert wird als Weihnachten. Bis nach Frankreich und Belgien ist er bekannt, dort unter dem Namen „Père Fouettard“. Die Geschichten über den Ursprung des schwarzen Piets sind sehr zahlreich. Am wahrscheinlichsten wirkt folgende: Im Jahr 1850 wurde ein Bilderbuch über den Nikolaus veröffentlicht.
In diesem Buch hatte der Nikolaus einen Diener, der ihn begleitete. Durch die vielen anderen Legenden des Knecht Ruprechts, Krampus, Rubbelz und so weiter wurde Piet dann die Rolle des bösen Knechts zuteil. Die Version über Zwarte Piet ist mit Abstand die kontroverseste. Er wird dargestellt durch einen Diener mit dunkler Hautfarbe. Er stammt aus der Zeit des Kolonialismus, in der Sklaverei ein akzeptierter und praktizierter Umstand war. Keine Frage, dass die Darstellung des schwarzen Piets rassistisch und moralisch sehr fragwürdig ist. Deswegen wird der Zwarte Piet auf Nikolausmärkten inzwischen oft mit knallrot oder grün geschminkter Haut gezeigt.
Ist Knecht Ruprecht auch im Ausland bekannt?
Wie erwähnt, reicht die Tradition des Krampus auf jeden Fall bis in den osteuropäischen Raum und bis nach Norditalien. Nicht zuletzt durch den gleichnamigen amerikanischen Horrorfilm aus dem Jahr 2015 erlangte er internationale Bekanntheit. Auch Knecht Ruprecht ist in den USA und in Kanada ein Begriff. Die mitteleuropäischen Siedler haben ihre Traditionen und Legenden, und somit auch die Geschichte von Knecht Ruprecht, mit in die neue Welt gebracht.
Gibt es einen Bezug zum Klausentreiben?
Unter dem Klausentreiben versteht man einen alten Brauch, bei dem am 5. oder 6. Dezember als Schreckgestalten verkleidete junge Männer durch die Ortschaften ziehen. Dabei veranstalten sie allerlei Lärm, der böse Geister vertreiben soll. Den Ursprung hat das Klausentreiben als Perchtenbrauch in vorchristlicher Zeit. Damals schien die Welt in der kalten, dunklen Winterzeit beherrscht von allerlei Schatten, Dämonen und wilden Ungeheuern – Eine leichte Vorstellung bei dem Gedanken, dass das Land sehr dünn besiedelt und von viel Wald bedeckt war.
Lichtquellen waren eher rar und die kalten Nächte waren sehr unheimlich. Diese bösen Geister galt es zu vertreiben. Der Perchtenbrauch im Zusammenhang mit dem Krampus wurde schon weiter oben erwähnt. Daher gibt es nicht nur eine Verbindung zwischen dem Klausentreiben und Knecht Ruprecht (oder Krampus), sondern vermutlich liegt sogar der Ursprung aller Knecht-Ruprecht-Legenden hier verborgen.
Ist Knecht Ruprecht wirklich böse?
Vielleicht ist er in den vorchristlichen Perchtengeschichten nicht als durch und durch böses Wesen aufgetaucht. Der Knecht Ruprecht, den wir heute kennen, gilt aber als böses Gegenstück zum Nikolaus. Ob nun als halb ausgedachte Schreckgestalt des 17. Jahrhunderts oder als der gierige Ritter Hans Trapp, der nach seinem Tod verflucht wurde – Knecht Ruprecht ist kein wohlmeinender Geselle.
Wie bestraft Knecht Ruprecht die Kinder?
Je nach Region und Überlieferung bestraft Knecht Ruprecht die unartigen Kinder auf verschiedenste Weise. In den meisten davon steckt Knecht Ruprecht sie in einen Sack, um sie zu entführen und zu verspeisen. In anderen Geschichten verschenkt er glühende Kohlen oder verteilt schmerzhafte Schläge mit einer Rute. Klar ist, dass die Eltern des 17. Jahrhunderts (und der Jahrhunderte danach) ihrem Nachwuchs ziemlich schaurige Dinge geschildert haben. Da gilt: Bloß brav sein, damit Knecht Ruprecht die Kinder verschont!
Wie geht doch gleich das Gedicht von Knecht Ruprecht?
Um der schaurig weihnachtlichen Stimmung willen, ist hier zum Schluss noch das berühmte Gedicht von Theodor Storm über Knecht Ruprecht:
„Von drauß‘, vom Walde komm ich her;
ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!
Überall auf den Tannenspitzen
sah ich goldene Lichtlein blitzen,
und droben aus dem Himmelstor
sah mit großen Augen das Christkind hervor.Und wie ich strolch‘ durch des finstern Tann,
da rief’s mich mit heller Stimme an:
„Knecht Ruprecht“, rief es, „alter Gesell,
heb deine Beine und spute dich schnell!
Die Kerzen fangen zu brennen an,
das Himmelstor ist aufgetan,
Alt und Jung sollen nun
von der Jagd des Lebens einmal ruhn,
und morgen flieg ich hinab zur Erden;
denn es soll wieder Weihnachten werden!“Ich sprach: „Oh lieber Herre Christ,
meine Reise fast zu Ende ist;
ich soll nur noch in diese Stadt,
wo’s eitel gute Kinder hat.“„Hast denn das Säcklein auch bei dir?“
Ich sprach: „Das Säcklein, das ist hier;
denn Äpfel, Nuß und Mandelkern
essen fromme Kinder gern.“„Hast denn die Rute auch bei dir?“
Ich sprach: „Die Rute, die ist hier;
doch für die Kinder nur, die schlechten,
die trifft sie auf den Teil den rechten!“Christkindlein sprach: „So ist es recht;
so geh mit Gott, mein treuer Knecht!“
Von draußen, vom Walde komm ich her;
ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!
Nun sprecht, wie ich’s hier innen find!
sind’s gute Kind, sind’s böse Kind?
Zurück zur Startseite